Christian Knoll und Richard Föhre im Interview mit saubere-sache-heute.de
Die Bundesregierung hat ein neues Infektionsschutzgesetz verabschiedet. Teil davon ist die Regelung, dass nur noch Geimpfte, Genesene und Getestete Einlass in die Arbeitsstätte erhalten. Die Kontrolle obliegt dem Arbeitgeber – eine schwierige Sache, wenn es nicht nur einen Werks- oder Büroeingang gibt. Richard Föhre und Christian Knoll, die Geschäftsführer von Gebäudedienste Jeblick, sahen sich einer Mammutaufgabe gegenüber. Welche Maßnahmen sie ergriffen haben und welche Auswirkungen die neue Regelung auf den Betrieb und die Beschäftigten hat, berichten die beiden im Interview.
Guten Morgen, Herr Föhre, guten Morgen, Herr Knoll, Ihre Zeit ist gerade extrem knapp, daher bedanke ich mich umso mehr, dass wir heute über die aktuelle Situation sprechen können. Legen wir auch gleich los.
Seit dem 24. November gilt 3G am Arbeitsplatz. Vor welche Herausforderung stellt diese Maßnahme das Unternehmen?
Richard Föhre: Bisher durften wir den Impfstatus nicht abfragen. Dadurch, dass wir aber die Vorlage der 3G-Nachweise kontrollieren müssen, wird der Status automatisch offenbart. Als letzten Freitag klar war, wohin die Reise geht, haben wir mit der Planung begonnen und den Impfstatus freiwillig abgefragt. Unsere Beschäftigten wussten ja auch, dass sie spätestens fünf Tage später einen Nachweis vorlegen müssen, in dem dokumentiert ist, ob sie geimpft, genesen oder getestet sind. Das größte Problem war dann, dass wir nicht an allen Standorten gleichzeitig und zur gleichen Uhrzeit die Überprüfung vornehmen konnten.
Christian Knoll: Für dezentral organisierte Unternehmen wie Gebäudereiniger ist die Kontrolle von 3G nahezu nicht umsetzbar, zumindest nicht so, wie es das Gesetz vorgibt. Strafen von 25.000 Euro schweben wie ein Damoklesschwert über jedem Unternehmen. Das ist eigentlich nicht richtig.
Wie viele Mitarbeiter haben Sie und wie viele sind geimpft?
Richard Föhre: Unter den Facharbeitern haben wir eine Impfquote von 100 Prozent. Das ist natürlich fantastisch. Aber hier stehen wir auch ständig im persönlichen Kontakt und konnten für das Impfen werben. Bei den einzelnen Reinigungskräften, die ja in einem Umkreis von 100 Kilometern für uns arbeiten, sieht das anders aus. Von unseren 600 Beschäftigten erfüllen 117 den 2G-Status nicht – manche weil sie sich nicht impfen lassen wollen, einige sind bisher nur einmal geimpft und andere sind genesen, aber die Infektion liegt schon sechs Monate zurück. Das sind dann also rund 19 Prozent.
Das klingt ja eigentlich nach einer richtig guten Quote.
Christian Knoll: Das ist es auch. Wir kennen Mitbewerber, die haben gerade einmal eine Impfquote von 50 Prozent. Der logistische Aufwand, alle zu kontrollieren, ist da immens.
An wie vielen Objekten müssen sie jetzt die Testnachweise überprüfen und wie machen Sie das?
Christian Knoll: Wir haben aktuell 1.800 Kunden. Die Mehrheit wird von den Facharbeitern betreut. Da ist es kein Problem. Aber dann haben wir noch 450 Unterhaltsobjekte. Hier muss gegebenfalls kontrolliert werden. Jeden Tag, zu unterschiedlichen Uhrzeiten und auch wenn die Reinigungskraft nur für zwei Stunden vor Ort ist – im Grunde nicht durchführbar.
Wie haben Sie das Problem gelöst?
Richard Föhre: Wir waren auf die Mitarbeit unserer Kunden angewiesen. Am Hauptsitz in Kaiserslautern haben wir zwar eine eigene Teststelle eingerichtet, aber nicht jeder Beschäftigte kann vor der Arbeit mal schnell dorthin kommen. Außerdem gilt im öffentlichen Nahverkehr auch 3G. So hätte der Test so oder so vorher stattfinden müssen. Darüber hinaus sind die wenigen Bürgerteststellen ausgebucht oder es kommt zu langen Warteschlangen. In einem Appell haben wir uns an die Kunden gerichtet und die Lage geschildert. Viele sind positiv auf uns zugekommen und lassen unsere Reinigungskräfte nun bei sich vor Ort im Gebäude testen.
Christian Knoll: Unsere Kunden haben es auch honoriert, dass wir uns so frühzeitig um eine Abfrage des Status gekümmert hatten. Sie übernahmen teilweise sogar die Testkosten.
Richard Föhre: Diese tolle Unterstützung spiegelt auch unsere Unternehmensphilosophie wieder, dass wir stets ein partnerschaftliches Verhältnis zu unseren Kunden anstreben.
Welche zusätzlichen Kosten entstehen für das Unternehmen aufgrund der 3G-Regelung?
Christian Knoll: Genau beziffern lässt sich das gar nicht. Dafür müsste ich genau wissen, wer sich bei uns testet, wer woanders. Grob überschlagen kommen sicher mehrere 10.000 Euro zusammen – auf denen das Unternehmen zu 100 Prozent sitzen bleibt.
Richard Föhre: Durch den Engpass an Coronatests schnellen die Preise nach oben. So können wir auch nicht abschätzen, was für Kosten künftig auf uns zukommen.
Christian Knoll: In der Tat hat sich der Preis für einen Test innerhalb eines Tag verdreifacht.
Gibt es auch Kunden, die keine ungeimpften Reinigungskräfte ins Haus lassen wollen?
Christian Knoll: Wir hatten nur einen Fall. Das war ein recht kleines Unternehmen, bei denen alle Beschäftigte den 2G-Status erfüllen. Und da gab es den Wunsch, dass auch der externe Dienstleister geimpft oder genesen ist. Wir mussten ihm mitteilen, dass wir versuchen, dem Wunsch nachzukommen, aber das nicht gewährleisten können. Schlimmstenfalls hätte die Reinigung ausfallen müssen. Da Hygiene derzeit aber auch sehr wichtig ist, konnten wir einen guten Kompromiss finden.
Und die Beschäftigten, die den 2G-Status nicht erfüllen, wie reagieren die?
Richard Föhre: Tatsächlich haben einige Mitarbeiter gekündigt. Den Aufwand der ständigen Testung, um für zwei Stunden in einem Objekt zu reinigen, wollten sie nicht betreiben. Teilweise kam es auch zu plötzlichen Krankschreibungen. Aber Aussitzen wird in dieser Situation sicher nicht klappen.
Hatten Sie schon viele Corona- und Quarantäne-Fälle?
Richard Föhre: Zum Glück gab es nur vier bestätigte Coronainfektionen unter unseren Beschäftigten. Man muss allerdings dazu sagen, dass wir nicht automatisch vom Gesundheitsamt informiert werden. Die Erkrankten sind selber dafür zuständig, Kontaktpersonen Bescheid zugeben. Die Dunkelziffer liegt also vermutlich höher.
Wenn Sie die Möglichkeit hätten, dem designierten Bundeskanzler Olaf Scholz einen Rat zu geben, wie die Situation für Dienstleistungsunternehmen hätte besser gelöst werden können, was würde Sie ihm sagen?
Richard Föhre: Um die dramatische Welle zu brechen, hätten wir einen radikalen dreiwöchigen Lockdown vorgeschlagen. Währenddessen hätten die Impfzentren wieder geöffnet und die Teststellen vorbereitet werden sollen. Dann wäre ein schönes Weihnachtsfest möglich gewesen und ab Januar hätte man mit 3G am Arbeitsplatz organisiert und strukturiert beginnen können.
Christian Knoll: Ich hätte auch noch dafür geworben, dass die Politik intensiver auf die Wirtschaftsverbände hört. Da sitzen die Experten und die können sagen, was für Betriebe machbar ist und was nicht. Übrigens: Ich hatte unseren Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier tatsächlich eingeladen, um ihm die Probleme des Mittelstandes darzulegen und auch die Möglichkeiten aufzuzeigen, wie die Politik uns helfen kann. Leider hat er abgesagt.
Gibt es noch etwas Wichtiges, was sie zur aktuellen Lage sagen möchten?
Christian Knoll: Wir mussten mit Erschrecken feststellen, dass die 3G-Regelung unsere Gesellschaft mehr als zuvor spaltet. Geimpfte beschuldigen Ungeimpfte und umgekehrt. Wir haben ganz klar gesagt, dass wir positiv miteinander umgehen wollen, egal welchen G-Status jemand hat. Es darf nicht zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft kommen. Wir müssen jetzt zusammenhalten.
Text: Nielke Schwind-Hellwig, Redaktion Saubere Sache Heute