Vorurteile sind Kim-Tamara Stankovic schon häufiger begegnet. Auch ihr Chef, Christian Knoll, hat solche Erfahrungen schon gemacht. Ihre Branche, das Gebäudereinigerhandwerk, gehört laut einer Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes zu den Top Ten mit den meisten unbesetzten Ausbildungsstellen.
„Ich gehe doch nicht putzen!“ Diesen Satz hat Knoll, der heute gemeinsam mit Richard Föhre das Unternehmen leitet, selbst gesagt. Dennoch wechselte er Mitte der 1990er Jahre beruflich aus einem komplett anderen Bereich kommend in diese Sparte. Auch Stankovic hatte einen anderen Berufswunsch, bevor sie während eines dreimonatigen Praktikums schnell gemerkt hat: „Mensch, das macht ja mega Spaß!“ Die 26-Jährige hat im Sommer 2016 ihre Gesellenprüfung als Klassenbeste mit der Note „sehr gut“ abgelegt und ist mehr als zufriedenmit ihrer Berufswahl. „Es ist nie langweilig. Man ist immer in einer anderen Stadt, an anderen Orten und hat mit anderen Menschen zu tun“, zählt sie auf, was sie daran schätzt. Auch der Kontakt zu Kollegen und die Arbeit im Teambereiten ihr Freude. Interessant seien die Einblicke hinter die Fassaden von Produktionsstätten und Arbeitsbereichen, die üblicherweise nicht für Publikumgeöffnet seien.
Dass es bei ihrer Arbeit um mehr als ums Fensterputzen oder Bodenwischen geht, macht Knoll deutlich: Natürlich übernehmen wir auch die klassische Unterhaltsreinigung, aber auch Grünflächenpflege, Desinfektion in Kliniken, Reinigung denkmalgeschützter Objekte aus Sandstein, Bodensanierung oder die Reinigung von Polstern, Fassaden, Jalousien und Fotovoltaikanlagen.“ Hierbei kommen Maschinen zum Einsatz und es müssen Fachkenntnisse beherrscht werden, die auf den Schulfächern Mathematik, Chemie und Physik beruhen. Zudem spiele auch die Digitalisierung in dieser Branche eine immer größere Rolle. „Die Technik hält immer mehr Einzug“, hält Knoll fest. Auch wenn Reinigungsroboter zum Einsatz kommen, sei der Mensch in diesem Handwerk nichtwegzudenken. Dass Mädchen in diesem Beruf leichter akzeptiert werden, weiß Kathrin Kairies von der Auftragsplanung. „Jungs müssen richtig tough sein“, berichtet sie von Häme den männlichen Auszubildenden gegenüber. Auch Stankovic musste sich beweisen, als sie erstmals als Fachvorarbeiterin eingesetzt war. „Der Kunde stand ihr kritisch gegenüber, weil sie jung und weiblich war“, berichtet ihr Chef.
Die Gesellin ist ambitioniert: „Es gibt noch so viel, was ich zu lernen habe“, sagt sie und hat dabei schon ein Ziel im Blick: „Ich will eine Zusatzausbildung zur Fassadenkletterin machen.“ Weitere Aufstiegschancen vom Meister über den Techniker bis hin zum Diplom-Ingenieur in Reinigungs- oder Hygienetechnik warten auf sie.
Quelle: Die Rheinpfalz - Sonderbeilage ‚Ausbildung & Beruf‘